Die Auskunftspflicht gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten trifft die Erben und nicht den Testamentsvollstrecker, wie der Bundesgerichtshof am 15.01.2025 (8 IV ZR 166/24) erkannt hat. Praxisrelevant und interessant ist an diesem Urteil, dass der BGH hier klarstellt, dass die Erben notfalls gegen den Testamentsvollstrecker vorgehen müssen, um ihre eigene Pflicht zur Auskunftserteilung gegenüber den Pflichtteilsberechtigten zu erfüllen. Dies gilt auch innerhalb einer Familie.
Der Entscheidung geht das Teilurteil des LG Heidelberg vom 21.02.2024 (1 O 26/23) voraus, welches die Beklagten auf der ersten Stufe zur Auskunftserteilung an die pflichtteilsberechtigte Klägerin verurteilt hat. Die Klägerin machte im Wege der Stufenklage Pflichtteils- sowie Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend. Insbesondere sollte über den Bestand des Nachlasses ein Verzeichnis sämtlicher beim Erbfall vorhandener Aktiva vorgelegt werden, über sämtliche lebzeitige unentgeltliche Zuwendungen der letzten 10 Jahre vor dem Erbfall und über sämtliche ausgleichungspflichtige Zuwendungen an Abkömmlinge Auskunft erteilt werden sowie die jeweiligen Belege beigebracht werden.
Gegen diese Entscheidung legten die Beklagten teilweise Berufung ein, welche vom OLG Karlsruhe am 04.11.2024 durch Beschluss (11 U 18/24) zurückgewiesen wurde. Das OLG erklärte das angefochtene Urteil für vorläufig vollstreckbar. Eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde eingelegt. Den Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung erklärte der BGH für unbegründet.
Der Fall vor dem BGH
Der Erblasser hatte mehrere Verfügungen von Todes wegen. Die Klägerin ist die leibliche Tochter des Erblassers aus erster Ehe und wurde von diesem durch Testament enterbt. Die Beklagten sind ebenfalls die leiblichen Kinder des Erblassers, sowohl aus erster als auch aus zweiter Ehe. Seine Ehefrau setzte er als Testamentsvollstreckerin ein.
Was hat das Gericht entschieden?
Voraussetzung für die Begründetheit eines Antrags auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist, dass die Zwangsvollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringt und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht, § 719 Abs. 2 S. 1 ZPO entsprechend. Dies kommt jedoch nicht in Betracht, wenn das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat.
Vorliegend ist die Nichtzulassungsbeschwerde bereits unzulässig, weil die Revisionssumme mit dem im Berufungsverfahren festgelegten Gegenstandswert in Höhe von 10.000 Euro nicht erreicht war – denn gemäß § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO muss die Beschwer mehr als 20.000 Euro betragen. Maßgeblich für die Höhe des Beschwerdegegenstands war das Interesse des Rechtsmittelführers, die Auskunft nicht erteilen zu müssen.
Die Pflicht zur Auskunftserteilung gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten trifft den Erben selbst persönlich und nicht den Testamentsvollstrecker (§ 2314 Abs. 1 BGB). Es handelt sich um eine Wissenserklärung sowie um eine persönliche Verbindlichkeit des Erben.
Es wurden keine Umstände vorgetragen, dass den Erben die Auskunftserteilung hier unzumutbar oder unmöglich gewesen wäre. Insbesondere reicht die pauschale Behauptung, die Erben hätten nur mittelbaren Besitz und ihre Mutter als Testamentsvollstreckerin habe die tatsächliche Sachherrschaft inne, nicht aus. Gründe, warum die Mutter nicht dazu bereit oder dazu in der Lage wäre, den in ihrem Haushalt lebenden Kindern, Auskunft zu erteilen, damit diese der pflichtteilsberechtigten Klägerin Auskunft erteilen können, sind nicht ersichtlich.
Der Antrag ist aber auch unbegründet, weil kein nicht zu ersetzender Nachteil im Sinne des § 719 Abs. 2 S. 1 ZPO vorliegt. Nach der gesetzgeberischen Intention kommt die Einstellung der Zwangsvollstreckung nur in eng begrenzten Ausnahmefällen als letztes Hilfsmittel des Vollstreckungsschuldners in Betracht. Keinen nicht zu ersetzender Nachteil sieht der BGH darin, dass die Erben ihre Mutter hinsichtlich der Durchsetzung der Auskunftsrechte in Anspruch nehmen müssten.
Selbstverständlich ist die Familie in Art. 6 Abs. 1 GG grundgesetzlich geschützt. Allerdings sieht der BGH es nicht gegeben, dass der Familienfrieden durch die Inanspruchnahme der Mutter hinsichtlich der Auskunft massiv gestört sein solle. Es läge kein Dilemma für die Erben vor, entweder ihre Mutter in ihrer Funktion als Testamentsvollstreckerin in Anspruch zu nehmen oder sich selbst einem Zwangsgeld bzw. einer Zwangshaft auszusetzen. Insbesondere ist für das Gericht nicht ausreichend dargelegt worden, wieso es zu einem Rechtsstreit zwischen den Kindern und der Mutter kommen solle. Dieses Interesse der Beklagten tritt daher hinter dem Gläubigerinteresse der Klägerin zurück, sodass diese vollstrecken kann.
Sollten Sie Fragen zur Auskunftserteilung beim Pflichtteilsanspruch oder zu sonstigen Themen im Erbrecht haben, unterstützt DP Recht Sie gerne. Kontaktieren Sie uns gerne per E-Mail oder rufen Sie uns in unserer Kanzlei an, um mit Ihrem Anwalt in Düsseldorf persönlich zu sprechen.
,,Auskunftspflicht der Erben gegenüber Pflichtteilsberechtigter auch bei Testamentsvollstreckung‘‘ von Anna Mallwitz, wissenschaftliche Mitarbeiterin