Dass Kinderbetreuung in Zeiten der Corona-Pandemie mit geschlossenen Kitas und Kindergärten eine Herausforderung war, ist unbestritten. Das gilt für Paare, aber noch deutlich mehr für alleinerziehende Mütter und Väter.
Aber hat die veränderte Betreuungssituation z.B. durch geschlossene Kindergärten Einfluss auf die sog. Erwerbsobliegenheit eines Elternteils? Unter anderem mit dieser Frage beschäftigte sich im Frühjahr 2021 das Oberlandesgericht (OLG) Köln (OLG Köln, Urteil v. 01.03.2021, Az.: 25 UF 147/20).
Wie lange hat man Anspruch auf Betreuungsunterhalt?
Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt der nichtverheirateten Mutter gegen den leiblichen Vater eines Kindes richtet sich nach § 1615l Abs. 2 S.2 BGB. Dieser Anspruch besteht grundsätzlich bis zum 3. Lebensjahr eines Kindes. Er kann sich aber auch darüber hinaus verlängern, wenn die konkrete Situation es der Mutter nicht ermöglicht, ganz oder teilweise einer Berufstätigkeit nachzugehen.
Wenn die Mutter eines mehr als 3 Jahre alten Kindes weiterhin Betreuungsunterhalt verlangt, muss sie allerdings beweisen, dass eltern- und kindbezogene Gründe für eine Verlängerung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt vorliegen. Sie muss im Zweifel sehr genau darlegen, wie die konkrete (Betreuungs-)Situation ist und dass sich diese Situation negativ auf die eigenen Erwerbsmöglichkeiten auswirkt (z.B. extrem betreuungsintensives Kind oder objektiv keine bzw. unzureichende Betreuungsmöglichkeiten). Denn grundsätzlich muss eine Mutter die Möglichkeiten einer zumutbaren, verlässlichen Betreuung in Anspruch nehmen, um selbst arbeiten gehen zu können und damit selbst für ihren Unterhalt – nicht den Unterhalt des Kindes! – aufkommen zu können.
Worum ging es im Fall vor dem OLG Köln?
Vor Gericht stritten die nicht verheirateten Eltern eines fünfjährigen Jungen. Er wurde in der Regel 45 Stunden die Woche in einer Kita betreut und ist – so das Urteil – ein „altersentsprechend entwickeltes Kind ohne Entwicklungsdefizite“. Das Kind wird im Übrigen vollständig von der Mutter betreut, der Vater hat keinen Kontakt zum Kind, obwohl es ihm möglich wäre.
Ab Juli 2020 wollte der Vater an die Mutter seines Sohnes keinerlei Betreuungsunterhalt mehr bezahlen. Letztlich stritt man also darum, ob die Mutter sich wieder zu 100 % um ihren Unterhalt kümmern muss oder ob sie in der konkreten Situation immer noch einen (geringen) Anspruch auf Betreuungsunterhalt hat, obwohl das Kind älter als 3 Jahre ist.
Hohe Belastung der Mutter, keine Entlastung durch Vater
Die Richter des OLG waren hier der Auffassung, dass die Mutter nach wie vor wegen der konkreten Betreuungssituation des Kindes nicht zu 100 % einer Erwerbstätigkeit nachgehen muss. Sie müsse „nur“ einer Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 75 % einer Vollzeitstelle nachgehen. Für ihren restlichen Unterhaltsbedarf müsse nach wie vor der Vater des Sohnes in Form von Betreuungsunterhalt aufkommen.
Grund für diese Entscheidung war u.a., dass der Vater die Mutter nicht dadurch entlastet, dass er selbst im Rahmen seines Umgangsrechts Zeit mit seinem Sohn verbringt. Denn auch das würde die Mutter entlasten, um sich ggf. mehr um die eigenen Belange (Arztbesuche etc. ohne Kind) kümmern zu können, so die Richter. Das Verhalten des Vaters würde im konkreten Fall vielmehr zu einer „überobligatorischen Belastung“ der Mutter führen. Eben diese Belastung würde rechtfertigen, dass der Vater an die Mutter nach wie vor einen bestimmten Betreuungsunterhalt leisten muss.
Pandemiebedingte Betreuungssituation nicht relevant
Die Erwerbsobliegenheit der Mutter zu reduzieren, z.B. auf nur 65 % einer Vollzeitstelle, hielt das Gericht allerdings nicht für notwendig. Das gelte auch im Hinblick auf psychische Beeinträchtigungen, die die Mutter wegen der verschärften Betreuungssituation im Frühjahr 2020 aufgrund geschlossener Kitas geltend machte. Eine Therapeutin bestätigte vor Gericht zwar das „Vollbild einer depressiven Episode“ und ging davon aus, dass eine größere Arbeitsbelastung für die Mutter nicht förderlich sei. Eine ausdrückliche Empfehlung, dass die Frau weniger arbeiten solle, lasse sich jedoch daraus nicht ableiten.
Nicht zuletzt argumentierte das Gericht, dass die pandemiebedingt schwierige Betreuungssituation (geschlossene Kinderbetreuungseinrichtungen etc.) zwar eine zusätzliche Belastung für die Mutter gewesen sei. Allerdings sei diese Belastung nur vorübergehend gewesen und es wäre der Mutter möglich gewesen, über Arbeit im Homeoffice und Inanspruchnahme von Kinderkrankentagen den notwendigen Ausgleich zu schaffen.
Keine Reduzierung der Erwerbsobliegenheit
Wichtig an diesem Urteil ist vor allem die Bewertung der Betreuungssituation in der Corona-Pandemie. Denn das Gericht kommt klar zu dem Schluss, dass die Situation mit geschlossenen Kinderbetreuungseinrichtungen zwar eine Mehrbelastung war. Auswirkungen auf die Erwerbsobliegenheit der Mutter (Reduzierung der Arbeitsverpflichtung) und damit auf den Anspruch auf Betreuungsunterhalt (Erhöhung des Unterhaltsanspruchs) habe diese Situation aber grundsätzlich nicht. Denn mit Homeoffice und Kinderkrankentagen sei es möglich (gewesen), die Mehrbelastung auszugleichen.
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