OLG Koblenz: Anerkennung einer Auslandsadoption

Anerkennung einer Auslandsadoption: das Kindeswohl ist entscheidend

Viele Paare möchten ihren Kinderwunsch durch Adoption Wirklichkeit werden lassen. Mitunter führt sie dabei ein familiärer Hintergrund oder der Wunsch, einem Kind in Not zu helfen, auch ins Ausland. Sofern das Adoptivkind allerdings in Deutschland aufwachsen soll, muss die Adoption nach deutschem Recht anerkannt werden, also eine Anerkennung einer Auslandsadoption stattfinden. Je nach Herkunftsland des Kindes müssen dazu strenge Voraussetzungen erfüllt sein. Besonders hoch ist die Schwelle, wenn eine internationale Adoption ohne Beteiligung einer deutschen Adoptionsvermittlungsstelle erfolgte – mit einem solchen Fall befasste sich jüngst das OLG Koblenz.

Ist eine Auslandsadoption auch in Deutschland gültig?

Von einer internationalen Adoption ist die Rede, wenn ein Kind mit gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland nach Deutschland gebracht worden ist oder werden soll, entweder im Anschluss an eine Adoption im Ausland oder im Hinblick auf eine Adoption in Deutschland durch Annehmende mit gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Ist die Adoption bereits im Ausland durchgeführt worden, ist sie in Deutschland erst nach erfolgreicher Anerkennung gültig. Viele Staaten haben hierzu ein internationales Adoptionsübereinkommen (das HCCH) unterzeichnet, was das Verfahren deutlich vereinfacht. Ist das Herkunftsland des Adoptivkindes jedoch kein Vertragsstaat, so muss die Anerkennung einr Auslandsadoption zwingend durch ein Familiengericht festgestellt werden.

Der Fall vor dem OLG

Das Gericht hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem ein in Deutschland lebendes Ehepaar die Nichte des Ehemanns in Sierra Leone adoptiert hatte und zu sich nach Deutschland holen wollte. Die Ehefrau hatte die deutsche, der Ehemann die sierra-leonische Staatsangehörigkeit. Das Adoptivkind aus Sierra Leone war Vollwaise und wurde bis zur Adoption von seiner Großmutter aufgezogen.

Das Amtsgericht hatte die Anerkennung der Auslandsadoption zunächst abgelehnt, da es sich um eine unbegleitete Auslandadoption ohne Miteinbeziehung einer Adoptionsvermittlungsstelle handelte. Seit 2021 sind die Anforderungen an internationale Adoptionen dahingehend verschärft worden, dass eine Adoptionsvermittlungsstelle das Verfahren begleiten muss. Unbegleitete Adoptionen können nur in Ausnahmefällen anerkannt werden.

Zu erwartendes Eltern-Kind-Verhältnis

Das OLG hingegen hat die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und die Anerkennung der Adoption festgestellt. Der Senat begründete seine Entscheidung damit, dass die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands gem. § 4 Abs. 1 S.2 AdWirkG gegeben waren: Die Entwicklung eines Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen den Beteiligten war zu erwarten und das Kindeswohl machte die Adoption erforderlich.

Die Entstehung eines Eltern-Kind-Verhältnisses ist dann anzunehmen, wenn davon auszugehen ist, dass der Annehmende tatsächlich die Elternrolle ohne Einschränkungen übernimmt (OLG Koblenz, Beschl. v. 23.2.2016 – 7 UF 758/15, BeckRS 2016, 18214 Rn. 19). Im vorliegenden Fall fiel die Prognose des Gerichts positiv aus, da das Kind die Annehmenden bereits als seine Eltern bezeichnete und mit der Vorstellung aufwuchs, die Betreuung durch die Großmutter sei nur eine vorübergehende Lösung. An seine leiblichen Eltern hatte das Kind keine Erinnerung und somit auch keine Bindung. Zudem erkannte der Senat in der finanziellen Unterstützung, die das Ehepaar dem Kind monatlich zuteilwerden ließ, eine bereits übernommene elterliche Verantwortung.

Kindeswohl macht Adoption erforderlich

Am Kriterium der Erforderlichkeit prüften die Richter, ob das Kind durch die Adoption ein beständiges und ausgeglichenes Zuhause bekommen sollte und sich die Lebensbedingungen des Kindes im Vergleich zur Lage ohne Adoption so verändern würden, dass eine merkliche, bessere Persönlichkeitsentwicklung zu erwarten war. Bei Auslandsadoptionen ist der höhere Lebensstandard in Deutschland dabei kein für sich ausreichendes Argument, da dies bei den meisten internationalen Adoptionen zutrifft.

Ausschlaggebend war für das Gericht u.a., dass die gebrechliche Großmutter das bereits unterernährte Kind nicht ausreichend beaufsichtigen und versorgen konnte. Das Adoptivkind lebte zudem fernab von jeglicher medizinischer Versorgung in einer Umgebung, die von Drogenmissbrauch geprägt war. Auch seiner sprachlichen und kognitiven Entwicklungsverzögerung war die Großmutter außerstande entgegenzuwirken, zumal ein regelmäßiger Schulbesuch aufgrund der räumlichen Entfernung nicht möglich war.

Demgegenüber sahen die Richter bei den Annehmenden ein sicheres und den Bedürfnissen des Kindes entsprechendes Zuhause gewährleistet. Beide sprachen die Muttersprache des Kindes, waren finanziell abgesichert und hatten ein Kinderzimmer im eigenen Haus vorbereitet. Neben dem Besuch einer englischsprachigen Schule hatten sie auch bereits Freistellungen von der Arbeit organisiert, um das Adoptivkind behutsam in Empfang nehmen zu können. Da der Annehmende der Onkel und der einzige aufnahmefähige Angehörige war, waren auch die Risiken, denen man mit der Einschaltung der Adoptionsvermittlungsstellen entgegentreten wollte – wie etwa Kinderhandel– ausgeschlossen. Letztlich entsprach die Adoption auch dem deutlich geäußerten Kindeswillen.

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