Wer mit dem Thema Kindesunterhalt in Berührung kommt, dem ist die Düsseldorfer Tabelle zur Berechnung des Anspruchs auf Kindesunterhalt ein Begriff – ob als unterhaltspflichtiger oder als Elternteil, der den Unterhalt für ein Kind einfordert.
Die Düsseldorfer Tabelle bezieht sich allerdings nur auf Einkommen bis maximal 5.500 Euro und legt für verschiedene Einkommensgruppen die Untergrenze für einen Unterhaltsanspruch in Abhängigkeit vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen fest (Mindestunterhaltsanspruch).
Für Einkommen von Spitzenverdienern mit einem Einkommen von mehr als 5.500 Euro enthält die Düsseldorfer Tabelle allerdings keine Angaben. Aber der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte jetzt: die Düsseldorfer Tabelle kann fortgeschrieben werden (BGH, Urteil v. 16.09.2020, Az.: XII ZB 499/19). Das macht es deutlich leichter, einen angemessenen Unterhalt auch gegen einen sehr gut verdienenden unterhaltsverpflichteten Elternteil durchzusetzen.
Was regelt die Düsseldorfer Tabelle genau?
Die Düsseldorfer Tabelle ist eine Richtlinie des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Sie wird u.a. von Gerichten herangezogen, um die Höhe eines Anspruchs auf Kindesunterhalt in Abhängigkeit vom Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils zu berechnen. Für 10 Einkommensgruppen macht sie konkrete Angaben bis zu einem Einkommen des Unterhaltspflichtigen von bis zu 5.500 Euro.
Die Bedarfssätze der Tabelle sind dann Maßstab für den sog. Mindestunterhaltsanspruch des Kindes, den ein Elternteil gegen den unterhaltspflichtigen Elternteil durchsetzen kann. Dabei gilt: Je höher das Einkommen des Unterhaltspflichtigen, desto höher fällt der Mindestunterhaltsanspruch aus.
Haben Kinder Anspruch auf Teilhabe am „Luxus“ der Eltern?
Verdient der unterhaltspflichtige Elternteil mehr als 5.500 Euro monatlich, konnte man sich bisher nicht auf die Düsseldorfer Tabelle berufen. Man musste den konkreten Mehrbedarf des Kindes ermitteln und nachweisen.
Denn der Unterhaltsbedarf eines Kindes richte sich zwar grundsätzlich nach den Einkommens- bzw. Vermögensverhältnissen der Eltern, so bisher auch der BGH. Einen Anspruch auf Mittel für die Bildung von Vermögen oder darauf, im gleichen Luxus zu leben wie die Eltern, hätten Kinder aber nicht. Wenn der Unterhaltsbedarf eines Kindes über das „Normalmaß“ hinausgehe (z.B. teurer Musik- oder Sprachunterricht, teures Hobby), müsse das konkret dargelegt werden.
BGH: Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle im Einzelfall möglich
Diese Rechtsprechung hat der BGH nun teilweise aufgegeben und lässt eine Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle bis zu einem Einkommen von rund 11.000 Euro (Verdopplung der bisherigen Obergrenze) grundsätzlich zu.
Im konkreten Fall musste der BGH zwar nicht über den konkreten Unterhalt entscheiden, sondern „nur“ über einen Anspruch auf Auskunft über die konkrete Einkommenshöhe des unterhaltspflichtigen Vaters. Der hatte sich zur Zahlung des maximalen Unterhaltsbetrages nach Düsseldorfer Tabelle verpflichtet und erklärt, er sei „unbeschränkt leistungsfähig“. Die Auskunft über sein konkretes Einkommen hatte er aber verweigert.
Damit wollte sich die Mutter der unterhaltsberechtigten Tochter nicht zufriedengeben und verlangte konkrete Auskunft über das Einkommen und bekam Recht. Denn geht man nun – wie der BGH jetzt – davon aus, dass die Düsseldorfer Tabelle bis zu einem bestimmten Punkt weitergerechnet werden kann, kommt es für den Mindestunterhaltsanspruch des Kindes eben doch darauf an, wieviel mehr als 5.500 Euro der Unterhaltspflichtige konkret verdient.
Folgen für die Praxis
Dieses Urteil hat für den Unterhaltsanspruch von Kindern von Spitzenverdienern durchaus positive Folgen. Denn einerseits kann man nun auch
- bei Einkommen von mehr als 5.500 Euro erfolgreich Auskunft über die genaue Einkommenshöhe des Unterhaltspflichtigen verlangen – selbst wenn Bereitschaft besteht, den bisherigen Maximalbetrag nach Düsseldorfer Tabelle zu zahlen, und „unbegrenzte Leistungsfähigkeit“ gegeben ist,
und muss
- bis zu einem Einkommen des anderen, unterhaltspflichtigen Elternteils von ca. 11.000 Euro im Zweifel nicht den konkreten Mehrbedarf im Vergleich zum Höchstsatz nach der Düsseldorfer Tabelle nachweisen.
Das kann es auch sinnvoll machen, bereits bestehende Unterhaltstitel zu prüfen. Denn ggf. kann man auf Grundlage dieser Rechtsprechung für die Zukunft mehr Unterhalt erfolgreich durchsetzen.
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