Getrenntlebende Eltern müssen – wenn sie gemeinsam sorgeberechtigt sind – den Umgang mit den Kindern untereinander regeln. Während der Coronapandemie ist das noch schwieriger als sonst. Es schwingt häufig die Angst mit, dass sich ein Kind beim Treffen mit dem Ex-Partner mit dem Virus anstecken könnte.
Ist diese Angst vor Ansteckung allein aber Grund genug, dem anderen Elternteil den Umgang zu verweigern, solange er bzw. sie nicht gegen Corona geimpft ist? Dazu hat das Oberlandesgericht Nürnberg Stellung genommen (OLG Nürnberg, Beschluss v. 14.04.2021, Az.: 10 UF 72/21).
Umgangsrecht: Coronapandemie als Anlass zur Einschränkung
Das Gericht hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem der Vater die nicht volljährigen Kinder während der Coronapandemie nicht zu ihrer Mutter lassen wollte. Er stellte als Bedingung für den Umgang, dass die Mutter vor jeder Begegnung einen negativen Corona-Test nachweisen muss. Alternativ müsse sie sich gegen das Virus impfen lassen.
Die Mutter hielt davon überhaupt nichts. Sie wollte ihre Kinder sehen, ohne diese Voraussetzungen zu erfüllen. Ihr entsprechender Antrag vor dem Amtsgericht bzw. Familiengericht Weißenburg war erfolgreich: der Umgang mit den Kindern sei davon unabhängig, ob die Mutter geimpft oder negativ getestet sei. Das wiederum rief den Vater auf den Plan: er wandte sich mit einer Beschwerde an das OLG Nürnberg.
Testpflicht für umgangsberechtigtes Elternteil?
Vor dem Oberlandesgericht scheiterte der Vater allerdings mit seinem Anliegen. Auch nach Ansicht des OLG reicht die Pandemie nicht als Grund, den Umgang mit gemeinsamen Kindern zu unterbinden.
Das Umgangsrecht als Bestandteil des Grundrechts aus Artikel 6 Grundgesetz (Ehe und Familie) ist als solches derart schützenswert, dass eine Pandemie allein nicht ausreicht, um es auszuhebeln. Es müssten weitere Umstände hinzutreten: beispielsweise eine Quarantäne des Elternteils, der den Umgang einfordert, oder ein gesteigertes Risiko, dass das Kind sich in dessen Haushalt mit dem Virus infiziert. Ein solches Risiko könnte man etwa annehmen, denn der Elternteil zuvor Kontakt mit infizierten Personen hatte oder einschlägige Symptome zeigt. Selbst dann würde aber ein negativer Corona-Test ausreichen, damit der vermeintlich erkrankte Elternteil seine Kinder sehen darf. Wenn kein solches Risiko ersichtlich ist, ist nach Auffassung des Gerichts auch kein Test erforderlich.
Impfung erforderlich für Umgang mit Kindern?
Genausowenig sei eine Impfung der Mutter Voraussetzung dafür, dass sie Zeit mit ihren Kindern verbringen darf. Es gebe in Deutschland zum einen keine Verpflichtung zur Impfung. Einer solchen Impfpflicht käme es allerdings gleich, wenn man den Umgang mit den Kindern davon abhängig macht. Zum anderen sei nicht ausreichend Impfstoff vorhanden, um alle Impfwilligen zu versorgen. So zumindest der Stand im Frühjahr 2021.
Die Mutter könne daher die Voraussetzung, sich impfen zu lassen, gar nicht erfüllen. Der Umgang mit den Kindern wäre ausgeschlossen, ohne dass die Mutter Einfluss darauf hätte. Das wäre wiederum nur verhältnismäßig, wenn das Kindeswohl durch den Umgang gefährdet wäre. Hierfür bestanden aber nun überhaupt keine Anhaltspunkte.
Und nicht zuletzt hatte die Mutter während des Gerichtsverfahrens ihre Bereitschaft signalisiert, jedes Mal einen Corona-Test zu machen, bevor sie die Kinder in Empfang nimmt. Der Sicherheit aller Beteiligten sei damit Genüge getan, so das Gericht.
Konsequenzen für die Eltern
Ein Elternteil darf das Umgangsrecht des anderen Elternteils nicht davon abhängig machen, dass ein negativer Corona-Test oder ein Impfnachweis vorliegen. Anders ist es ggf. nur, wenn das Ansteckungsrisiko für das Kind erhöht wäre, weil der umgangsberechtigte Elternteil Kontakt mit einer an Covid19 erkrankten Person hatte und/oder sich selbst in Quarantäne befindet.
Verweigert Ihr Ex-Partner / Ihre Ex-Partnerin Ihnen den Umgang mit den gemeinsamen Kindern und begründet das mit der Coronapandemie? Als Fachanwalt für Familienrecht berate und vertrete ich Sie gern in Köln und Umgebung außergerichtlich und vor Gericht. Sie erreichen mich telefonisch unter 0211 / 868 060 90 oder per E-Mail an .